October 16th, 2010 — General
erst mal harte repression mit knüppeln, gas und wasserwerfern, dann der versuch der kooptation, der einbindung, die letztlich zur spaltung des widerstands führt, weil sich nicht alle teile einer bewegung auf den beischlaf mit den mächten einlassen wollen.
what’s the news? wenig. es scheint jedenfalls wieder einmal zu funktionieren.
heiner geißler, das moralische gewissen der deutschen schwarzen, ist als vermittler eingesetzt worden, nachdem protest effektiv zu werden drohte und mit gewalt gebeugt werden musste. hatte die exzessive gewalt der polizei doch eher zu einer einigung und solidarität innerhalb der gegenbewegung und darüber hinaus geführt, und war hier der versuch der spaltung nicht erfolgreich gewesen, so konnte der gute alte verhandlungstisch doch wieder einmal die position der herrschenden sichern.
das bild, dass geißler ein neutraler vermittler sein könne, wie er angepriesen wurde, versucht er selber nicht einmal aufrecht zu erhalten. so schreibt der spiegel über die präsentation der ‘ergebnisse’ der ersten verhandlungsrunde: “Geißler sprach von einem guten Weg, um das technologisch anspruchsvolle Projekt der breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen.”
es geht also vor allem um ein hinhalten und den versuch einen umschwung in der öffentlichen meinung zu erreichen, während die gerade angeschwollenen und populär gewordenen proteste wieder versiegen.
geißler spricht von einer beidseitigen friedenspflicht. zynisch, nicht nur weil während dessen keineswegs sämtliche bauarbeiten ausgesetzt werden, sondern auch, weil der staat im zweifelsfalls zur durchsetzung seiner interessen die polizei einsetzen kann, die in einem zustand der dauermobilisierung auf befehl zu jedem zeitpunkt zuschlagen kann, während soziale bewegungen höchst konjunturabhängig sind und leicht zerfasern, nicht zuletzt, weil die menschen eben keine “berufsdemonstrantInnen” sind, und diesen Kampf im Gegensatz zur Polizei nur schwerlich vollzeit führen können.
gleichzeitig hat geißler vermutlich auch geschafft, die bewegung zu spalten, konsequenterweise hat sich die gruppe der “parkschützerInnen” aus den verhandlungen zurückgezogen. den anderen wird eben honig ums maul geschmiert und das gefühl gegeben, sie seien wichtig, sie werden noch ein paar wochen oder monate am verhandlungstisch bleiben. am ende werden sie damit die umsetzung des projektes weder verhindern noch grundsätzlich verändern.
dass es längst nicht mehr um den bahnhof ginge, meint ein poster im spiegel-forum.
sondern statt dessen um fragen wie:
Wie wird hierzulande politik gemacht?
Wer sitzt da in welchen aufsichtsräten und bereichert sich direkt oder indirekt?
(…)
Ist es politisch vertretbar, dass behauptet wird, jemanden mittels wasserwerfer blind zu schießen sei eine verhältnismäßige reaktion auf eine ordnungswidrigkeit?
richtig, kurzzeitig sah es so aus, als seien solche fragen jene,die eigentlich einer öffentlichen diskussion bedürfen würden.
wenn die strategie von oben aufgeht, dann taucht das thema jetzt noch hin und wieder auf, aber eben nur in seiner form “welchen bahnhof braucht stuttgart?”
aber vielleicht lassen sich ja die leute diesmal nicht ganz so arg verarschen. die hoffnung stirbt zuletzt.
October 4th, 2010 — General
Vielleicht die älteste Strategie der herrschenden Mächte ist “divide et impera”, teile und herrsche. Gegen Widerstand von unten bedeutet das in der heutigen Welt der “Rechtsstaaten”, über die scheinbare Unterscheidung von legitimen und illegitimen Mitteln zu spalten. Es wird versucht, den Bereicht des legalen mit dem des legitimen gleichzusetzen, und alles was sich illegalisieren lässt als illegitim dastehen zu lassen. Doch der Rahmen des Legalen ist der selbe, der die bestehende Ordnung erst ermöglicht, gegen die sich letztlich jeder Widerstand richtet. All zu oft funktioniert die Strategie der herrschenden Mächte leider, und es kommt zu Entsolidarisierung, die nicht zuletzt durch die Angst vor Repression verfestigt werden. Warum wir dem widerstehen müssen, erklärt dieser Text vom NoBorder Camp in Brüssel:
http://www.noborderbxl.eu.org/spip.php?article258&lang=de
Nieder mit der Repression! Nieder mit dem Scheiß-System!
May 5th, 2010 — Allgemein
Der Kampf gegen den Faschismus [Kapitalismus] beginnt mit dem Kampf gegen den Bolschewismus [Reformismus].
Otto Rühle
MAN soll nicht in Kirchen[Universitäten] gehn, wenn MAN reine Luft atmen will.
Friedrich Nitsche
School has become the world religion of a modernized proletariat, and masks futile promises of salvation of the poor of the technological age[…]learning and the assignment of social roles are melted into schooling.
Ivan Illich
Im Zuge der internationalen Bildungsproteste im Wintersemester 2009 besetz(t)en Studenten an verschiedenen Orten ihre Unis. Die Forderungen sind sehr breit gefächert und reichen von strukturellen Verbesserungen bis zu „Freier Bildung“. Diese Forderungen sind – abgesehen davon, dass Forderungen Zeichen der Unterwerfung sind – absolut reaktionär.
Die Forderung nach „freier Bildung“ ist absurd, solange wir das kapitalistische Wirtschaftssystem an sich nicht angreifen und in Frage stellen. Freie Bildung bedeutet in diesem Kontext nichts anderes als freier Wettbewerb und totale Konkurrenz. Die Neoliberalisten heißen die Forderungen willkommen. Im schlimmsten Fall denken sie: Je mehr Humankapital zur Auswahl umso niedriger der Preis, den sie dafür bezahlen. Aber abgesehen von den Gehältern oder Löhnen bedeutet Bildung, ob sie nun frei ist oder nicht: Reproduktion von Arbeitskraft. Humankapital für den technologischen Fortschritt und das Wirtschaftswachstum. Kurz die notwendige Reproduktion der fortwährenden Produktion.
Solange die gesamtgesellschaftliche Struktur von Macht nicht in Frage gestellt wird und solange die kapitalistische Verwertungslogik und dessen Zirkulationsmonopol nicht in Frage gestellt wird, solange wird Bildung dem Zweck der Ökonomie und dessen Reproduktion durch technologischen Fortschritt unterworfen sein. Solange werden Bildungseinrichtungen Re-Produktionsstätten von frischem, zur Verwertung freigegebenem Humankapital sein.
Ein anderer Punkt im Forderungskatalog der unibrennt-Bewegung ist neben freier Bildung, Antidiskriminierung. Abgesehen davon, dass Antidiskriminierung nicht forderbar ist, können Rassismus, Homophobismus und alle anderen Ismen nicht durch Gesetze oder Rechte garantiert werden. Vor allem nicht, wenn die restliche Gesellschaft voll von diesen ist, und erst recht nicht wenn diese durch Instituionen (vgl. Staat: Asylrecht) legitimiert sind. Außerdem ist das Konzept des Gesetzes ohnehin fragwürdig, sowie auch das des Rechts. Diese Konzepte beruhen auf der stillschweigenden Bejahung von struktureller Gewalt, sprich institutioneller Macht, wie zum Beispiel dem Staat.
Die Inszenierung der Verdinglichung zum Spektakel innerhalb des modernen Kapitalismus zwingt jedem eine Rolle in der generalisierten Passivität auf. Der Student entgeht diesem Gesetz nicht. Es ist eine provisorische Rolle, die ihn auf die endgültige vorbereitet, die er als positives und bewahrendes Element im Warensystem erfüllen wird. Nichts anderes als ein Einführungsritus.
Situationistische Internationale, Über das Elend im Studentenmilieu
April 20th, 2010 — Allgemein
manche sagen schmierereien
manche graffiti
manche graffito
manche bezeichnen es als kunst
manchmal wird von vandalsimus gesprochen
meist wird damit gemeint das farbe auf wände gespüht wurde
sprühen
malen
buntmachen
sprayen
oder ähnliches wird gesagt wenn mensch raus geht
spazieren geht
in die stadt schaut
oder sonst wie kundtun will das sie_er das erscheinungsbild von
öffentlich sichtbaren flächen verändern möchte
meist wird gar nichts gesagt, oft wird einfach nur gemacht
darüber gesprochen wird eher in kleineren runden
oft um damit anzugeben
das selbstbewußtsein zu stärken oder sonst irgendwie kundzutun
das da was passiert ist
und mensch dafür verantwortlich war
etwas gemacht hat – meist sind es biomänner_typen die gerne
damit prahlen
manchmal ergibt sich die situation das beim gemeinsamen
schlendern durch die stadt die freund_in auf eine illegalisiertes
strassenbild aufmerksam gemacht wird
egal wie darüber gesprochen wird
es folgt meist immer einer bestimmten absicht
und möcht irgendwie in eine sprache übersetzt werden
die es gar nicht mehr bedarf
wird in mainstreamtageszeitungen darüber berichtet
verwenden journalist(innen) gerne wörter wie schmierereien
verknüpft mit der anschuldigung des vandalismus
der blinden zerstörungsmut
der gewalt an dinge
die uns gewalt antun
in medien mit emanzipatorischeren ansprüchen werden oft die
gespühten sätze zitiert und zusätzlich mit einem foto dokumentiert
die öffentlich sichtbaren flächen in mitteleuropäischen städten
folgen meist einer klar umrissenen ordnung
mensch sieht hauserfassaden aus mauerwerk
aus glas
aus beton
aus stahl
werbeflächen bei haltestellen “öffentlicher” verkehrsmittel
seltener an litfastsäulen
oft bei kaufhäusern und geschäften in form von reklame
oft auf riesigen holztafeln
bewegt in emborgehobenen glas/stahl kästen
all diese bilder die von uns täglich bewußter oder weniger
aufgenommen werden sind mehr oder weniger in ein geplantes
ordnungsschema gepasst
in einkaufsstraßen sind eine viezahl von auslagenfenster und in
ihnen erwerbbare produkte sichtbar
ebenfalls oft sind diese übersät mit reklametafeln und
werbeflächen voll mit bilder
nahezu allen gemein ist diesen bildern das sie produkte
bewerben
egal ob direkt als konkretere ware zum kaufen/klauen und
mitnehmen
oder als dienstleistung die in abstrakterer weise in eine
bildsprache gepaart mit einem namen warenförmig als produkt beworben
wird
fast allen gemein ist den werbebildern das sie uns sagen wollen
das wir sie haben wollen sollen
da die aufmerksamkeit auf werbebilder
nicht zuletzt durch ihre masse häufigkeit und größe
meist relativ gering ist
ist es wichtig das diese in möglichst kurzer zeit einen reiz
auf uns auslösen
um im gemurmel der stadt
durch verkehrslärm
gesprächen von passant_innen
musik aus geschäften
hörbar zu sein
müssen werbebilder schreien
ein nackter mann schreit
eine nackte frau schreit
ein provokativer spruch schreit wenn dieser gelesen wird
ein besonders anspruchsvolles angebot schreit
bei hungergefühl kann eine lecker anmutende speise schreiend
machen
alles möchte schreien
ich auch
voll von sexistischer kackscheisse
lügen
gefühlsversprechenden prohezeiungen
provokativen bildern und worten die politisch reflektiert oft
jenseitig sind
versuchen uns diese bilder zu befehlen das wir sie wahrnehmen
sollen
mit einem verkehrsmittel durch strassen der stadt zu fahren
ist oft wie durch fernsehrkanäle zu zappen
überall werbung für alles
wer hat uns gefragt ob wir das sehen wollen
wer hat davon einen nutzen
wer kann möglichst viele werbebilder im öffentlich sichtbaren
raum plazieren
wieso
alle bilder gestalten die räume in denen wir uns bewegen
sie beeinflussen unser denken und handeln
sie beeinflussen unsere gefühle und bedürfnisse
sie ermöglichen uns zurecht zu finden
sie möchten uns zwingen uns in einer bestimmten weise zurecht
zu finden
zu lassen
welche bilder wir
wie oft
wie groß
wie laut
ob durch die grafische gestaltung
die gefinkelten sätze
die ausgefallene erscheinung
sehen müssen
entscheiden nicht wir
sondern andere
die entscheidungsmacht
wieviel
wo
wie lange
wie
wir den ganzen beschissenen konsumdreck sehen müssen
entscheiden unternehmen, politische parteien und andere
die uns irgendetwas andrehen wollen
die gestaltung öffentlich sichtbarer bilder in der stadt sind
ausdruck von herschaft
ob zig quadratmeter große halbnackte frauen in verbindung mit
einem markenname
ob aalglatte glasstahlfassaden
ob die farbe des putzes von häusern
ob bäume, pflanzen, mülltonen und schilder hier und nicht dort
stehen
alles in der stadt permanent sichtbare ist vorwiegend durch
eigentum, geld,
politische, “kulturelle”, soziale oder anders geartete
macht bestimmt
uns hat niemensch gefragt ob wir das okay finden
wir sollten auch niemenschen fragen ob es okay das zu verändern
jede veränderung
und sei sie noch so spontan
politisch jenseitig
schiarch anzuschaun
dumm
einfallslos
ist ein angriff auf die HERRschende ordnung
alles öffentlich wahrnehmbare ist politisch
so ist jedes auf den boden geworfene stück papier symbol eines
poltischen aktes
wenn es binnen kurzer zeit durch ordnungskräfte der städtischen
reinigung wieder in die
dafür vorhergesehenen räumlichkeiten verschoben wird
werft euren müll auf die straßen
aber den müssen andere wegräumen
sprüht euren schmerz an die häuserwände
aber den müssen andere reinigen
werft mülltonnen um
aber die müssen andere wieder aufstellen
macht reklametafeln kaputt
aber diese müssen von anderen repariert werden
verändert die stadt
und macht sie zu unserer stadt
aber nur wenn andere die auf unserer seite der barrikade stehen
den scheiss nicht rückgängig machen müssen ohne dafür mehr bezahlt zu
bekommen
jedes plakat das uns was verkaufen will
jede hauswand die uns sagt es gehört einzelnen menschen
jede fassade die sagt
hier nicht
morgen bin ich wieder sauber
jedes geschäft das meint es müsse nach unseren blicken schreien
unsere taschen leeren wollen
macht es kaputt
malt es an
macht es bunter
verändert es
egal was
aber lässt es nicht so wie einzelne es sich gedacht haben das
es ihnen passen könnte
egal ob aus profitinteresse
egal ob als autorität durch die eigentumsrechte
egal ob aus angst vor wandmalereien
paint you pain away
vandalismus ist blinde zerstörungswut
wer aber die texte, bilder, politischen sprüche nicht hören
oder sehen will
sieht nur mehr das marktgeschrei
und ist selber blind vor angst vor veränderung
egal wie wirs nennen wollen
egal wie aussieht
wir sollten es einfach machen
am besten alleine
am besten ständig
am besten stumm
aber am besten mit krachen
wir sollten es dokumentieren
vorsichtig sein
uns gegenseitg motivieren
uns gegenseitig zu materialien helfen
wir sollten sofort damit weitermachen oder anfangen
egal ob mit stickern
farben
steinen
transparenten
kreiden
eddings
farbbomben
oder kot
die kunst in den schulen
den galerien
den museen
sind den herrschenderen gehörig
uns allen sollen aber wieder die städte gehören
bei jedem mal wird die angst weniger werden
bei jedem mal wird die abgeklärtheit zunehmen
bei jedem mal werden wir ausgefeiter werden
bei jedem mal werden wir sehen das es mehr werden
bei jedem mal werden wirs schöner hinkriegen
wir sind viele
logg dich endlich aus und schrieb dich ein
paint the pain away
March 30th, 2010 — Allgemein
Wir erinnern uns: Im Herbst 2009 äußerten Tausende und Abertausende Menschen in Österreich lautstark und kollektiv ihren wachsenden Unmut über das bestehende (Hochschul-)System, und zwar am sichtbarsten, indem sie Hörsäle besetzten und auf die Straßen drängten. Heute, im März 2010, ist der Widerstand wieder weitgehend verebbt; die Situation ist eine andere.
Viele der anfangs Engagierten sind schon lange abwesend, und doch haben auch sie Spuren hinterlassen: Je öfter sie innerhalb der Bewegung dieses vormachten, jenes nachmachten und drittes unterließen, und je öfter sie Worte fanden, die all dem Sinn verliehen, desto mehr prägten sie, nicht anders als wir selbst, gewisse Gewohnheiten samt Vorstellungen. Dies ist das strukturelle Erbe der Bewegung. In Resten wird es immer noch von manchen aktiv gepflegt, von anderen verinnerlicht herum getragen.
Doch das anfänglich weit ausstrahlende Feuer erlischt zusehends, der etablierte Zusammenhang wird schwächer und droht gar zu zerreißen. Er gilt immer mehr Menschen ohnehin schon als unvereinbar – mit sonstigen Verpflichtungen hier, mit der eigenen Überzeugung dort. In Teilen ist das unvermeidlich, zu gewissem Grade jedoch hausgemacht, da zuletzt nicht mehr versucht wurde, alternative oder zumindest ergänzende Strukturen für die gegenwärtige Lage zu finden.
Wer möchte, dass vom Widerstand etwas Substantielles bleibt, muss genau dies jedoch probieren, muss versuchen, über die Frage zu sinnen: Wie können jene Solidaritäten und kollektiven Praxen, die sich zumindest partiell bewährt haben, aufrecht erhalten und verbessert werden, und was können wir tun, damit sich im Anschluss daran wieder neue bilden können?
Denn nichts von dem wird von selbst passieren. Wir sind vielmehr gefordert, unsere sozialen Beziehungen so zu gestalten, dass dies wahrscheinlich wird – zueinander genauso wie zu Außenstehenden.
Die Aula irgend zu beleben ist zwar Gebot der Stunde, langt aber nicht.
March 25th, 2010 — Allgemein, English
We
have withdrawn, one might think, from being one of the biggest
students movements in years to opening a café. Superficially
looking, this is the obvious decline many movements take towards
creating some subcultural milieu and putting most energy into
maintaining an enclave whereas resistance to the surrounding desert
falls short. This could proof to be true in our case as well.
But
also, the current situation could be seen as an advance rather than a
retreat. For the first time, there was no doubt that we came to stay.
The university administration wanted back the room they had assigned
us to in exchange for the previously occupied second biggest lecture
hall. Back then, by seemingly spontaneously announcing a meeting on a
sleepy day with comparably few people, one day after a big assembly
where most voices said: for sure we will stay, some authority-minded,
obedient people managed to display a situation with no escape but to
accept the offered room. This was a scene more or less familiar to
us, as in most occupied rooms, at some point earlier or later, some
people started to push the issue of leaving voluntarily, normally for
nothing or almost nothing in return. That time, it was ‘successful’,
and the room that was then left to us became an officially tolerated
working room of the semi-official anti-bologna movement. The room was
handed over for that purpose, and when the bologna summit was over,
the administration was hoping to get it back.
Dear
kids, of course you may protest legitimately, but now that we’ve
heard you scream, go back to your desks and study. It could have been
an easy move to wipe us out. But maybe the experiences we made,
including successfully delaying the ministers’ party by blocking
roads and acting collectively in the moment, facing riot cops that
were loosing the overview and at the brink of loosing control of the
situation, maybe the slow but steady move in our brains towards not
accepting the authorities in place, towards seeing us and them as
antagonists, made us act otherwise this time. Back then it was a
strange move for us to exchange some room for another much smaller
one, rather than occupying the smaller one as well. This time, it was
near consensus that we will keep this room and liberate the space
permanently.
What
is clear now is that this room needs to be a room defined by all
those who use it, as there is a big need for not previously defined
space. There’s collective cooking and a collective bar, both running
on free donations rather than prices, people are gathering books for
a free library and all kinds of things for a free shop, the room is
being and will be used for group meetings, as well as studying, for
films, live music, workshops, alternative ways of learning and
working or just to chill out. It is obviously open for anybody from
outside the university. There’s a piano that some people play on
every night. The area in front of the room is sunny from the morning
till the evening, and these days spring is starting, so the new place
became a center of campus life immediately.
What
we can hope for now is that there is a permanent meeting place for
this movement and for anybody else, as we probably have a rather
quiet period in front of us, a time we will need for reflection and
theoretical discussion, as well as for regaining energy and strength.
The fact that the room we are in now doesn’t have the character of a
sign of protest and a means of applying pressure on the
administration, nor is it a room predefined for those most involved
‘activists’ that prepare the next big event, means that the chance is
high that now we can dissolve the borders between those that
‘stubbornly’ continue to protest and those that have seemingly turned
their back to the movement because they had no time to be involved
permanently. The social networks we built are already mixing up with
other spheres of campus life, and the reservation many people built
up about getting (re-)involved with the movement are falling.
Certainly,
we will need to focus on actually using the space well. If we are
willing to rise from the ashes again after a while, we will need to
talk about how to act in the future, and for that, collectively
criticize what we have done in the past.
Just
to occupy one or two lecture halls for protest and issue some
demands, which was not all by far but the core of the public picture
and at some point most of what our collective acting was focused on,
seems to move very little in the official structure. The authorities
have not made any significant move yet, and by their rhetoric it can
be judged that what they have in mind for the future is much worse
than what we have protested against initially.
The
tactics and strategies of occupation need to be re-thought. Rather
than using it as a means to apply pressure, it could be seen as a
means and an end at the same time, by occupying not for protest but
as re-appropriation and collectivization of space and ressources that
are previously controlled by the reign of capital and its state.
We
have started, a small step, but there will be a nucleus now, a nest, a
breeding place for what cannot be stopped if enough people come to
the conclusion that to radically transform the social processes goes
further than pleading for change to some representative of the
existing order, if we are willing to disrespect this very order and
to refuse its reign.
March 10th, 2010 — Allgemein
wer oder was ist das subjekt des politischen?
politik funktioniert an dieser willkürlich gezogenen grenze.
das leben passiert wo anders.
durch jene grenzen entstehen abhängigkeiten.
sie schränken ein.
und schaffen neue grenzen.
same, same, but different?
was ist mit dem bild in dem bild?
wo sehen wir uns in diesem mosaik?
brecht die barrieren.
no border, no nation.
mach dich frei – im kopf.
February 27th, 2010 — Allgemein
Bei dem Versuch, die Verhältnisse und Lebensrealitäten in
industrialisierten Staaten abseits altbekannter Begriffe wie
kapitalistisch und neoliberal zu umschreiben taucht die Metapher des
Rausches auf.
Rausch meint nicht nur die wie berauschte, unreflektierte oder als
unumgänglich angesehene Eingliederung in bzw. die Reproduktion von
derzeit bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen sondern
referiert gleichzeitig auf das immense Potential an Geschwindigkeit
und Geschwindigkeit reproduzierendem Humankapital. Es geht hier um
ein Mitreißen und mitgerissen werden durch jene Dynamisierung welche
für kapitalistisch-neoliberale Systeme grundlegend charakteristisch
zu sein scheint wobei die Macht über eine Gesellschaft mit der
Kontrolle ihrer Geschwindigkeit in eins fällt. Das Motiv dieser
Berauschung impliziert dabei keine dionysische
Lusterfüllung, auch wenn es oberflächlich betrachtet tatsächlich
die Suche nach einem „erfüllten Leben“ zu sein scheint, die das
menschliche Tun antreibt. durch die vorschnelle Assoziation von
Erfülltheit mit kapitalistischen Glaubensbekenntnissen von
wirtschaftlichem Erfolg, gesellschaftlichem Status, normativer
Schönheit, Masse und Effizienz ist dieser Begriff allerdings
verbunden und gefüllt mit technischem Kalkül. Gefolgt von dem
Ziel, möglichst viel Ausschluss zu produzieren um nicht selber
Ausschluss- und Ausschussware zu werden. Innerhalb dieser
Gesellschaften ist die Grenze zwischen ökonomischen
Glaubensgrundsätzen und ökonomischer Politik dabei schon seit die
Zeit aus den Fugen geriet
aufgehoben und kapitalistische Maxime zu Dogmen stilisiert worden.
Gleichzeitig fanden auf Ebene der Religionen Säkularisierungsprozesse
statt wodurch viele Menschen von ihren religiösen Überzeugungen
weitgehend entbunden und andersweitig “wiederbefüllbar” werden.
Der Geschwindigkeitsrausch wird zum allumfassenden Prinzip – er
spiegelt sich im Alltag seiner Produzent_innen nicht nur in einem
Mangel an Freizeit wider, er zeitigt auch reißerische Kapitalflüsse,
auf Zeiteffizienz ausgerichtete Verkehrsnetze, digitale Datenströme,
hetzende, gestresste und drängende Horden und die Verpflichtung,
immer und überall erreichbar, abrufbar und einsetzbar zu sein. Was
hier in Bewegung gerät ist jedoch konfus und nicht mehr als
“gerichtete Vorwärtsbewegung” zu verstehen. Das Maximum an
Geschwindigkeit ist tatsächlich schon erreicht und damit tritt an
die Stelle von Beschleunigung “die Wahrnehmung einer gleichsam
bewegungslosen und in sich erstarrten Steigerungsspirale … rasender
Stillstand”.
Dementsprechend findet Paul Virilio gerade auch ein widerständige
Potential in Geschwindigkeitsströmen und -räuschen: Bewegungen und
Aufstände gegen etablierte Systeme gewinnen ihre Durchsetzungskraft
nicht zuerst durch die Masse von beteiligten Menschen oder die
Dringlichkeit ihrer Anliegen sondern vielmehr aus der Umleitung von
Geschwindigkeitsströmen zu der sie führen:
“Die Masse ist kein Volk und keine Gesellschaft, sondern eine
Vielzahl von Passanten: das revolutionäre Kontingent gewinnt seine
ideale Gestalt nicht an den Produktionsstätten, sondern auf der
Straße, wenn es aufhört, ein technisches Relais der Maschine zu
sein, und selber zum Motor (Angriffsmaschine) wird, das heißt zum
Produzenten von Geschwindigkeit.”
Was hier unter Produzenten von Geschwindigkeit gefasst wird ist
grundlegend verschieden von Geschwindigkeit reproduzierendem
Humankapital – hier geht es nicht mehr um eine Reproduktion von und
Aufrechterhaltung von Geschwindigkeitsspiralen und -niveaus durch
eine unumgehbare Eingliederung und eine Teilhabe an diese stützende
Prozesse sondern um eine hierarchische Verschiebung und Ermächtigung,
welche das Eingreifen in bereits bestehende Geschwindigkeits- und
Stromnetze erst ermöglicht. Virilio sieht also die Verschiebung von
Reproduzenten zu Produzenten von Geschwindigkeit als wesentliches
Merkmal und Grundlage subversiver Identität*. Gleichzeitig ist für
ihn Hast eine Notwendige Vorraussetzung für Veränderung –
widerständige Praxis funktioniert durch das exzessive Überrumpeln
gesellschaftlich etablierter Konventionen:
“Die Zeit des Lesens impliziert auch Zeit zum Nachdenken, eine
Verzögerung, welche die dynamische Wirksamkeit der Masse zerstört.
Wenn die Meute zufällig einmal in ein monumentales Bauwerk
eindringt, so wird dieses sehr schnell in einen Durchgangsort
umgewandelt, den jeder betritt und verläßt, wo jeder rein- und
rausschafft, – es ist die Besetzung durch eine hastige Horde, eine
Plünderung um der Plünderung willen …”
Von welcher Qualität müssten nun aber diese Geschwindigkeitsströme
sein? Denken wir mit Virilio die momentanen Verhältnisse als die
maximale Ausformung von Geschwindigkeit, die gleichzeitig in einer
Art Stillstand münden muss, so wäre der Impuls der Beschleunigung
gleichzeitig entschleunigend und damit eine wieder ins Spiel bringen
von Bewegung. Im Falle rasenden Stillstands wäre es also die
Entschleunigung, die einen Fortlauf erst ermöglichen würde. Die
Versammlung Aufständischer auf den Straßen führen zu einem
Erliegen der Verkehrsströme, Hacker blockieren Daten- und
Kommunikationsflüsse und Joe Stark fliegt sein Sportflugzeug in ein
Regierungsgebäude in Austin, Texas. “I find myself once again
beginning to finally pick up some speed”
beschreibt er die unzähligen und immer wieder scheiternden Versuche,
dem Geschwindigkeitsanspruch der Gesellschaft Folge zu leisten in dem
von ihm hinterlassenen Manifest. “I am finally ready to stop this
insanity.”
February 25th, 2010 — English
a collection of written insurrections from vienna
download as a pdf
February 22nd, 2010 — English
resist the temptation of asking for
reform
don’t regard the different symptoms of
this system in singularity
let no one speak in the name of anyone
else
don’t make the false separation between
your political life and the rest
find others who think like you, and be
friends with them, don’t view your relationship with them as
something “professional”
take care of one another, and resist
the temptation to be a martyr, every one is needed free and alive
build up pools of shared resources and
be respectful with them
take advantage of the abundance this
system produces and collectivize what you manage to acquire
don’t waste too much time on people who
claim to be allies but act in a way you see as counterproductive
don’t regard “the movement” as a
unit, a single actor
don’t let yourself be put in a cage of
identity
don’t put yourself in a cage of
identity
see that the movement is everywhere, in
every act of refusal and resistance, and in any act of creating
social relations that are not entirely governed by the logics of the
system
accept that there is no foolproof way
to overcome this system
don’t think of the system as a unified
enemy that can be overcome by a single strategy of getting to some
imaginary turning point to a world after “the revolution”
see that we have no experience with an
entirely different world, so we need to learn how to live it, and for
that, take any opportunity that comes along
don’t wait for others to impose the
change on you that you demanded, it would not be your change, and not
in your interest
dismiss the idea that any real
emancipation can come step by step from the existing institutions,
the steps they make in the other direction will always be more
persistent
see that if change comes from the
existing institutions, it extinguishes the big flames their
destructiveness has sparked, but the destructiveness carries on
be careful that what starts as
resistance doesn’t fall back into the civic form, and by this,
becomes containable
self critique is more important than
criticizing the system, that the system is shit is no news, but as
you never live fully apart from it, you are likely to reproduce it in
every act
be convinced of what you believe in,
but realize that no one is ever fully right
have no fear of the unpredictable, but
see it as a chance
see that what is predictable is very
likely to be a reproduction of the existing order
see that all this has been going on for
a long time, and that it will not finish with you
rule yourself only, and make no
cooperation with all those that try to rule others
demand nothing, occupy everything