Stuttgart 21: Kooptation und Spaltung

erst mal harte repression mit knüppeln, gas und wasserwerfern, dann der versuch der kooptation, der einbindung, die letztlich zur spaltung des widerstands führt, weil sich nicht alle teile einer bewegung auf den beischlaf mit den mächten einlassen wollen.

what’s the news? wenig. es scheint jedenfalls wieder einmal zu funktionieren.

heiner geißler, das moralische gewissen der deutschen schwarzen, ist als vermittler eingesetzt worden, nachdem protest effektiv zu werden drohte und mit gewalt gebeugt werden musste. hatte die exzessive gewalt der polizei doch eher zu einer einigung und solidarität innerhalb der gegenbewegung und darüber hinaus geführt, und war hier der versuch der spaltung nicht erfolgreich gewesen, so konnte der gute alte verhandlungstisch doch wieder einmal die position der herrschenden sichern.

das bild, dass geißler ein neutraler vermittler sein könne, wie er angepriesen wurde, versucht er selber nicht einmal aufrecht zu erhalten. so schreibt der spiegel über die präsentation der ‘ergebnisse’ der ersten verhandlungsrunde: “Geißler sprach von einem guten Weg, um das technologisch anspruchsvolle Projekt der breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen.”

es geht also vor allem um ein hinhalten und den versuch einen umschwung in der öffentlichen meinung zu erreichen, während die gerade angeschwollenen und populär gewordenen proteste wieder versiegen.

geißler spricht von einer beidseitigen friedenspflicht. zynisch, nicht nur weil während dessen keineswegs sämtliche bauarbeiten ausgesetzt werden, sondern auch, weil der staat im zweifelsfalls zur durchsetzung seiner interessen die polizei einsetzen kann, die in einem zustand der dauermobilisierung auf befehl zu jedem zeitpunkt zuschlagen kann, während soziale bewegungen höchst konjunturabhängig sind und leicht zerfasern, nicht zuletzt, weil die menschen eben keine “berufsdemonstrantInnen” sind, und diesen Kampf im Gegensatz zur Polizei nur schwerlich vollzeit führen können.

gleichzeitig hat geißler vermutlich auch geschafft, die bewegung zu spalten, konsequenterweise hat sich die gruppe der “parkschützerInnen” aus den verhandlungen zurückgezogen. den anderen wird eben honig ums maul geschmiert und das gefühl gegeben, sie seien wichtig, sie werden noch ein paar wochen oder monate am verhandlungstisch bleiben. am ende werden sie damit die umsetzung des projektes weder verhindern noch grundsätzlich verändern.

dass es längst nicht mehr um den bahnhof ginge, meint ein poster im spiegel-forum.

sondern statt dessen um fragen wie:

Wie wird hierzulande politik gemacht?
Wer sitzt da in welchen aufsichtsräten und bereichert sich direkt oder indirekt?

(…)

Ist es politisch vertretbar, dass behauptet wird, jemanden mittels wasserwerfer blind zu schießen sei eine verhältnismäßige reaktion auf eine ordnungswidrigkeit?

richtig, kurzzeitig sah es so aus, als seien solche fragen jene,die eigentlich einer öffentlichen diskussion bedürfen würden.

wenn die strategie von oben aufgeht, dann taucht das thema jetzt noch hin und wieder auf, aber eben nur in seiner form “welchen bahnhof braucht stuttgart?”

aber vielleicht lassen sich ja die leute diesmal nicht ganz so arg verarschen. die hoffnung stirbt zuletzt.