Es geht nur um die Bildung!

Seit Beginn der Proteste (besser gesagt
seid beginn deren aktuellen Ausbruchs) in Österreich geht ein
Gespenst um. Überall, und vor allem in den Plena, wurde davon
gesprochen, dass die Proteste nicht politisiert werden dürfen. Ein
ideologiefreier, entpolitisierter Raum wurde und wird gefordert.
Mensch fragt sich wie soll das gehen. Wie soll eine Besetzung, die an
sich ein radikaler politischer Ausdruck ist, einen politikfreien Raum
darstellen. Dies ist weder möglich noch wäre es förderlich. Ganz
im Gegenteil ist es meiner Meinung nach unerlässlich, dass sich
jede/r als politisches Subjekt wahrnimmt und die damit verbundene
Verantwortung übernimmt.

 

Es ist allerdings auch klar das Politik
ein sehr negativ besetzter Begriff ist. Nicht wirklich verwunderlich,
wenn man sich die aktuelle "politische" Landschaft
anschaut. Hahnenkämpfe auf unterstem Niveau, wenn überhaupt
Symptombekämpfung, Populismus als einziges Konzept und eine
Anbiederung an Boulevardjournalismus sind die bestimmenden Elemente.
Durch die ständige Verhöhnung jeglicher Logik und der immer
dreisteren Irreführung durch unsere sogenannten Vertreter ist die
Verdrossenheit der Bevölkerung nicht nur verständlich, sie ist die
logische Folge. Obwohl Mensch, wenn er sich nur ein wenig für seine
Umwelt interessierst, klar sein muss, dass wir in allen Bereichen
unseres Lebens auf eine Katastrophe hinarbeiten, ändert sich die
Politik nicht. Verantwortung wird abgeschoben, auf andere Mitglieder
der Regierung, die EU, die Finanzmärkte und natürlich die
Globalisierung. Als viel zitiertes und immer noch aktuelles Beispiel
eignet sich die Krise der Finanzmärkte. Anstatt die Verschulder der
Krise (und ja natürlich sind wir alle mitverantwortlich) zur
Rechenschaft zu ziehen und eventuell sogar zu sanktionieren, werden
Banken einfach mit Sicherheiten in Milliardenhöhe ausgestattet und
es wird munter weiter spekuliert. Eine plakative Metapher
dafür: Ein Spielsüchtiger darf nicht nur wieder ins Casino, nein ab
jetzt haftet der Staat, der vermeintlich die Öffentlichkeit und die
Organisierung des Gemeinswesens darstellen soll, dafür wenn er etwas
verliert. Aber auch in anderen Bereichen versagt die Politik nicht
nur, sie befördert weiter die Mechanismen, die uns in allen
Lebensbereichen versuchen zu durchleuchten und unterdrücken, uns
teilweise umzubringen, auf jeden Fall ein freies Leben unmöglich
machen. So werden nicht etwa öffentliche Verkehrsmittel gefördert,
endlich im notwendigen Ausmaß alternative Energien erforscht,
sondern es gibt eine Prämie dafür ein neues Auto zu erwerben.

 

Die Bildungspolitik bildet da keine
Ausnahme. Auch hier sind die Probleme gravierend und bekannt.
Überforderte Lehrer, schlecht ausgestattete Schulen,
Unterrichtsmethoden aus dem letzten Jahrtausend, einfordern von
Konkurrenzdenken, Lehrpläne die meist nichts mit dem Alltag der
Beteiligten zu tun haben und nicht darauf ausgelegt sind, Menschen
mit Fähigkeiten auszustatten, ihr Leben selbst zu gestalten. Anstatt
die Selbständigkeit, das eigene Erarbeiten von Wissen zu fördern
wird weiterhin im Form von Frontalunterricht Wissen in die Köpfe
gepresst: Friss oder stirb. Kritisches Denken wird im Keim erstickt,
da die Form einer 50 minütigen Schulstunde keine ausufernden
Diskussionen erlaubt, es muss ja der Lehrplan erfüllt werden. Wie in
den oben beschriebenen Beispielen für die Unzulänglichkeit unserer
Politik sind auch hier Lösungsansätze seit langem bekannt, und
werden weitesgehend ignoriert. Anstatt die KlassenschülerInnenzahl
zu senken, die Inhalte gemeinsam zu erarbeiten werden sowohl
SchülerInnen als auch LehrerInnen in Strukturen gezwängt die freies
Denken blockieren. Obwohl in jeder Studie zum Lernverhalten von
Kindern und Jugendlichen autoritätre Unterrichtsmethoden in allen
Bereichen schlechter abschnitten. Nicht nur hatten die Beteiligten
mehr Spass beim Vermitteln und Entwickeln von Wissen,
selbsterarbeitete praxisbezogene Inhalte werden nicht nur länger
behalten, auch deren Anwendung fällt leichter.

 

Was könnte Mensch davon abhalten diese
Erkenntnisse umzusetzen. Ich persönlich sehe nur drei mögliche
Varianten, keine als Rechtfertigung für diese grobe Fahrlässigkeit ansatzweise ausreichend.

 

Variante 1:
Die derzeitige Politik ist intelektuell einfach nicht in der Lage die
Probleme oder Lösungsansätze zu erkennen.

Variante 2: Freie Bildung, mit
niedrigen KlassenschülerInnenzahlen, gutausgebildeten Lehrkräften
und der nötigen Infrastruktur kosten mehr, als das derzeitig
angewandte System.

Variante 3: Freie Bildung erzeugt frei
denkende Individuen, die in der Lage sind bewusst am politischen
Leben teil zu nehmen und sich eine eigene Meinung zu bilden und
gegebenenfalls die Lösungs- und oft Handlungsunfähigkeit
bestehender Einrichtungen und der scheinbar verantwortlichen Menschen zu erkennen.
Was, wenn man die Geschichte betrachtet, nie im Sinne der Mächtigen
war und es auch heute sehr wahrscheinlich noch nicht ist.

 

Was also können wir tun um für eine
Bildung zu kämpfen die uns ermächtigt anstatt uns zu blindem Gehorsam zu
erziehen, nicht nur auf der Universität sondern überall? Wir können
und müssen die Missstände aufzeigen, versuchen neue Lösungen zu erarbeiten und
unentwegt auf die essentielle Bedeutung von Bildung für unsere
Gesellschaft hinweisen. Eine Gesellschaft die ihre Mitglieder in die Rolle
versetzen sollte, ihre Umwelt zu verstehen und im Interesse eines
guten, freien Lebens für alle zu handeln. Da die
Unterdrückungsmechanismen und deren Muster in allen Lebensbereichen
die selben sind, liegt es nahe sich mit weiteren Betroffenen kurz zu
schließen, Informationen auszutauschen und sich gegenseitig zu
unterstützen. Die Verantwortlichen Strukturen und Menschen müssen
benannt werden und falls diese nicht in der Lage sind sich der
Probleme anzunehmen, sollten wir sie verändern. Es wird keine
Veränderung in der Bildung geben, ohne grundsätzliche Veränderungen
in allen Bereichen unseres Lebens! Alles im Leben ist Politik, deshalb muss auch unser Protest politisch sein und natürlich ist er das auch. Im Plenum, in Arbeitsgruppen, Workshops, Aktionen, Lesekreisen, Diskussionsgruppen und vor allem in unseren Köpfen versuchen wir die Veränderung vorantreiben. Für ein freies, selbstbestimmtes Leben!

Reclaim your education! Reclaim your life! Reclaim your body, time and space!